Dresden: Die Waldschlösschenbrücke. (Foto: M. B.)
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Mittwoch, 27. Oktober 2010

Theremin- und Video-Avantgarde in Dresden

Am 4. November konzertieren Eric und Mary Ross mit Günter Heinz in der Blauen Fabrik

(Mary Ross: Self Portait, Cibachrome Photograph, 1979)

Die Kunstavantgardisten Eric und Mary Ross kommen aus den USA nach Dresden. Am 4. November 2010 (20 Uhr) treten der Theremin- und Elektronik-Vorreiter und die Foto- und Video-Künstlerin gemeinsam mit dem Posaunisten Günter Heinz in der Blauen Fabrik auf. Das Konzert gehört zur zweiten Staffel des 2010-er Festivals Frei Improvisierter Musik.

Der als Elektronik-Legende geltende Eric Ross realisiert seit mehreren Jahrzehnten weltweit gemeinsam mit seiner Frau Multi-Media-Konzerte mittels Klavier, Gitarre, Synthesizern, Theremin und Video-Art. Dabei war es für beide von Anfang an selbstverständlich, dass es Fortschritt in der Kunst und eben auch in der Musik nicht durch die Vermeidung von moderner Technik, sondern nur durch die angemessene Nutzung und Einbeziehung neuer Technik geben kann. Ross war schon in frühen Jahren ein persönlicher Freund des Erfinders Robert Moog, dessen Neuentwicklungen auf dem Gebiet elektronischer Instrumente (Moog-Synthesizer) er aus erster Hand erhielt und in seine Klangwelten einbaute. Auch die Nutzung des allerersten „elektronischen“ Instrumentes überhaupt, des Theremins, belegt Erics Grundhaltung, für die er überall anerkannt und gar geehrt wird. So war er Master Teacher beim First International Theremin Festival, und er schrieb auch Kompositionen für Theremin – sowohl für das Instrument solo als auch eine Overtüre für sage und schreibe 14 Theremins!

Die Musik, die in Dresden vorgestellt wird, ist improvisiert, enthält aber durchaus Elemente nicht nur des Jazz, sondern auch der Klassik, der seriellen Musik und der zeitgenössischen Avantgarde.

Die Video-Kunst von Mary Ross, die zur Musik projiziert wird, ist nach den musikalischen Abläufen und Strukturen ausgewählt, arrangiert und organisiert. Mary Ross gilt als Pionier der Digitalfotografie. Bereits in den frühen siebziger Jahre nutzte sie Video-Technik und Computer, um Fotos – also Digitalfotokunst – zu schaffen. Viele dieser einzigartigen Werke befinden sich in Kunstsammlungen, Bibliotheken und Galerien weltweit, von Paris, Zürich, Cambridge, Kopenhagen und New York.

Mit seinem Konzept der „Wetware Trombone“ entwickelte Günter Heinz schon vor knapp zwanzig Jahren einen spezielle Spielweise des Instruments Posaune, mit der er neue Klangräume erkundet. Das erreicht der Künstler mittels neuer Spieltechniken, wie etwa dem Ansaugen von Tönen, durch die Verwendung von elektronischen Transformationen, aber auch durch das Spiel in speziellen Räumen, wie etwa in Kirchen, unterirdischen Hohlräumen, ja sogar unter Wasser. Angeregt durch seine Konzerte in den Toscana-Thermen in Bad Sulza und Bad Schandau entstand seine Idee, die dort gefundenen Klänge mit denen des Theremin zu verbinden.

Mit Eric Ross fand Günter Heinz einen Virtuosen dieses Instruments. Dass beide über Erfahrungen nicht nur in der freien Improvisationsmusik, sondern auch im neuen Jazz verfügen, könnte dem Konzert einen weiteren Zusammenhalt geben. Denn Eric Ross war auch im Jazz erfolgreich, er spielte mit solchen Größen wie John Abercrombie, Larry Coryell, Andrew Cyrille, Oliver Lake, Leroy Jenkins, Byard Lancaster und den Blues-Legenden Champion Jack Dupree, Lonnie Brooks, Sonny Terry, Brownie McGhee and BB King. Auftritte beim Jazzfestival in Montreux und beim North Sea Jazz Festivals waren Meilensteine seiner Karriere. Dass Ross Gastmusiker auf AQi Fzono's „Cosmology“-CD war, angeblich der meistverkauften Platte in Japan überhaupt, soll nicht unerwähnt bleiben.

Mathias Bäumel

„Festival Frei Improvisierte Musik“, Teil 2,
Blaue Fabrik, Donnerstag, 4. November 2010 (20 Uhr)
Günter Heinz, Eric Ross, Mary Ross
Karten zu 12 Euro (ermäßigt 8 Euro) an der Abendkasse.

Montag, 20. September 2010

Haben die Jazzer gekniffen?

Der Jazzclub Neue Tonne veröffentlicht eine Broschüre zum Wende-Jazz in Dresden

Es ist zweifelsohne der bessere Weg: Erinnern und überlegen statt polemisieren und denunzieren. Schon Titel und Untertitel stecken den Rahmen für eine Broschüre ab, die jetzt vom Jazzclub Neue Tonne vorgelegt wird und sich mit dem „Jazz in Dresden rund um die politische Wende“ beschäftigt. „Streiflichter – Erinnerungen und Überlegungen“ sind die gerademal 55 Seiten benannt. Kein brisantes Enthüllungswerk ist es geworden, sondern das übersichtliche Bündeln von übersichtlichen Ereignissen, gipfelnd im Jahr 1989.

Viviane Czok-Gökkurt, die zum Thema eine hier Grundlage bildende Magisterarbeit verfasst hat, und der Dresdner Journalist und Jazzkenner Mathias Bäumel streifen als Textautoren im wahrsten Sinne des Wortes das, was den Klassiker Jazz im Veranstaltungsgeschehen populärer Musik der Spät-DDR ausgemacht hat, wie er sich über die brisanten Wochen hinweg präsentierte und wohin er führte. Das Vorhaben wurde maßgeblich vom Hannah-Arendt-Institut gefördert, allzu neue Erkenntnisse über den „Totalismus“ dürften dabei ausgeblieben sein. Und so wird „Streiflichter“ selbst zum Streiflicht.

Helmut Gebauer, Vorsitzender des Neue-Tonne-e.V., gelingt es auf vortreffliche, nahezu essayistische Art, in seinem Vorwort das Ansinnen des Projekts mit weiter greifenden Gedanken zu untersetzen, vor allem auch, wenn er schließt: „Neigt der Jazz zu unpolitischem Ästhetizismus? Darüber sollten wir nachdenken.“ Denn auf den folgenden Seiten wird deutlich, dass sich die meisten aktiven Jazzer aus allen, Mut erfordernden politischen Aktivitäten der „heißen Tage“ herausgehalten haben. Die mittlerweile legendäre September-Resolution von Populär-Kulturschaffenden der DDR sah so gut wie keine Jazzmusiker unterzeichnen, aus Dresden nicht einmal Musiker. Wobei der Gerechtigkeit halber erwähnt werden muss, dass in den Wohnungen von Unruhigen sehr wohl an eigenen, den Geist der Berliner Kollegen unterstützenden Stellungnahmen gearbeitet wurde, so besonders im Umfeld der Rockband Zwei Wege. Haben die Jazzer gekniffen? Man sollte sie danach fragen.

„Streiflichter“ gliedert sich in das Auflisten politischer, zumeist auf Dresden bezogener Fixpunkte und untersetzt diese mit Bezügen, wenn möglich, zum Jazz, aber durchaus auch zum Privaten. Die Edition schlägt eine Brücke von 89er Veranstaltungen in der Tonne hin zu 2009, als das Projekt „Wendejazz“ mit zwei thematischen Konzerten und einer Ausstellung initiiert wurde. Das Büchlein verlagert relevante Diskussionen und Gespräche zurück auf die vor allem persönliche Ebene. Es ist wohl der beste Weg in einem Land, das sich in Sachen gepflegter Streitkultur kaum von der Stelle bewegt. Jetzt, 20 Jahre danach, wo die meisten, die es wirklich wollten, ihre „Akte(n)“ gesehen, Klarnamen entdeckt und autonom ihre Entscheidung getroffen haben, was sie damit anfangen wollen. Insofern ist jene Stelle etwas unglücklich, da im Versuch, Strukturen der Stasi-Infiltrierung des Kulturbetriebs zu benennen, doch noch zwei IM quasi als Ross und Reiter gleichermaßen auftauchen, während andere mit einem „XY“ eher angemessen davonkommen. Das wäre verzichtbar gewesen.

Ohne die inhaltlichen Aspekte gering zu schätzen: Eine wunderbare Aufwertung bekommt „Streiflichter“ durch die Optik. Bis auf eine Ausnahme sind von den 1989er Tonne-Veranstaltungen keine Fotos mehr vorhanden. Einer, der zu dieser Zeit viel fotografiert hat, der zudem als Zuhörer im guten Sinne Jazz war, ließ seine Arbeiten vernichten, bevor ihn eine schwere Krankheit 1999 in die Knie zwang: Jürgen Haufe, Grafiker, Maler. Undatierte, unsignierte und bislang unveröffentlichte Skizzen wurden von Gestalterin Kerstin Hübsch im guten Sinne zusammengepuzzelt, so, dass sie weit mehr als illustrieren, sondern das gesamte Konzept mittragen. Denn, was anders als Streiflichter hat der großartige Künstler und Mensch Haufe mit Papier und Bleistift geschaffen?

Andreas Körner

„Streiflichter“ gibt es zum Preis von fünf Euro im Sweetwater Recordstore Dresden-Loschwitz sowie zu den Veranstaltungen im Jazzclub Neue Tonne.

(Das Original des Artikels erschien zuerst in den Dresdner Neuesten Nachrichten vom 18./19. September 2010.)

Dienstag, 7. September 2010

Vom Kundendienst der Telekom oder: Wie man jede Lust auf dieses Unternehmen verliert

(Kein Anschluss? Foto: Joujou/pixelio)

Dresden, Montag, 6. September 2010. Der Tag eines freischaffenden Werbegrafikers und Buchgestalters begann - - - oder nein, er begann doch noch nicht richtig. Internet ging nicht, E-Mail-Empfang keiner, auch das Telefon war tot... Na ja, vielleicht eine kleine Störung, da mach ich unterdessen etwas anderes, dachte der Grafiker.
Dann gegen zehn Uhr: Immer noch alles tot!
Also doch die Telekom anrufen und die Störung reklamieren. Darum bat mich nun der Grafiker, denn dessen Telefon war ja tot und meins funktioniert.

Nachdem ich mich durch automatisierte Fragen durchgehangelt habe, kommt die Automatenantwort, dass auf dem von mir angegeben Anschluss DSL zeitweise nur eingeschränkt zur Verfügung stehe und dass man daran arbeite. Okay, denke ich missmutig, und lege auf.

Kurz vor elf Uhr geht immer noch nichts, ich rufe wieder an, hangele mich wieder durch die Automatenstimmenschleifen, höre, dass ein Problem bekannt sei und man daran arbeite und antworte mit „Ja“, als der Automat mich fragt, ob ich dennoch einen Kundenberater wünsche. Der geht nach längerem Warten bei unerträglicher Computermusik auch an den Apparat. Ja, es sei ein Problem in den Leitungen oder in Knotenpunkten, man habe schon mehrere Störungen in Dresden, wir müssten jedoch keinen Termin beim Grafiker vor Ort machen, an der in den Leitungsbereichen angesiedelten Störung werde gearbeitet. Wie lange das dauern würde, frage ich. Innerhalb von 24 Stunden müssen solche Störungen behoben sein, antwortet er. Nun gut.

Abends probiere ich immer mal wieder, rufe den Grafiker an – nichts, tot.

Am Folgetag, dem heutigen 7. September, teste ich neugierig gleich früh – nichts, immer noch alles tot. Die Zeit vergeht. Mittlerweile sind die 24 Stunden längst rum.

Von zehn Uhr bis zehn Uhr siebenundvierzig versuche ich nochmals von meinem Telefon aus, Hilfe zu bekommen. Vergebens. Wie am Vortag wieder die Automatenstimme. Die Störung sei bekannt, man würde mich benachrichtigen, wenn sie behoben wäre. Wiederum sage ich „Ja“ auf die computergenerierte Frage, ob ich dennoch einen Kundenberater wünsche, und dreimal quäle ich mich durch schier unerträgliche Klingel-Klangel-Synthesizer-Popmusik – jedes Mal, bis ich gestoppt werde mit der Computer-Ansage, dass alle Abfrageplätze besetzt seien und ich in einiger Zeit wieder anrufen solle.

So geduldig ich auch bin, es steigt Wut in mir auf. Im Zeitraum elf Uhr vierzig bis elf Uhr fünfzig dasselbe Spiel, bis zum bitteren Ende – der Ansage mit den vollständig belegten Abfrageplätzen und dem Kappen der Verbindung...
Mein Herz pocht, und ich muss an Lenin denken, der gesagt haben soll, der Terrorismus sei ein Produkt der Verzweiflung. - Aber: Ich bewahre Ruhe.

Zwölf Uhr zwanzig versuche ich es noch einmal, und siehe da, zwölf Uhr achtunddreißig habe ich einen lebendigen Gesprächspartner am telefonischen „Abfrageplatz“. Der stellt fest, dass die Leitungen alle in Ordnung seien. Dass aber der Fehler möglicherweise zu einer Verstellung der Einstellungen der Telekom-Anlage im Büro des Werbegrafikers geführt haben könnte. Dies habe man dem Kunden ja mitteilen und ihm Anweisungen übermitteln wollen, wie er die Anlage wieder zurücksetzen könne, aber da sei schon ewig besetzt... – Was? Besetzt? Welche Nummer man denn angerufen habe die ganze Zeit, frage ich. - - - Kurzes Schweigen, darauf – erst leise, dann sich langsam zu Normallautstärke steigernd – nennt er genau die Nummer, die seit mehr als einen Tag gestört, also tot ist.

Bis zum jetzigen Zeitpunkt (etwa 16.15 Uhr) ist der Fehler noch nicht behoben.

(aufgeschrieben von M. B.)

Freitag, 3. September 2010

Sprachkünstler der Sächsischen Zeitung haben Komma-Problem bei Plakat-Kampagne

Wie gut die Sächsische Zeitung ihr Metier - die Arbeit mit der Sprache – versteht, muss man hoffentlich nicht von diesem Plakat (SZ-Kampagne) ableiten ...

„Qualität heißt, immer noch besser werden zu wollen.“

„Qualität heißt immer, noch besser werden zu wollen.“

„Qualität heißt immer noch, besser werden zu wollen.“

Drei mögliche, durchaus verschiedene Bedeutungen - welche aber ist gemeint? Der Satz auf diesem Plakat jedenfalls ist falsch, denn ein Komma muss auf jeden Fall da irgendwo hinein! Aber wohin hätten es denn die Formulierungskünstler gern?

M. B. / (Foto: M. B.)

Donnerstag, 12. August 2010

Grafik für das Tonlagen-Programmheft: Das gestalterische Grauen geht weiter

Das Tonlagen-Programmheft – hier nicht ganz zufällig abgelegt auf das Buch „The Gimmix Book of Records“ von Frank Goldmann und Klaus Hiltscher: (Edition Olms, Zürich 1981 – Covergestaltung: Bilal Dallenbach)

Das Grauen geht weiter – sogar im doppelten Sinne. Wer das neue Programmheft für die 2010-er Ausgabe der „Tonlagen. Dresdner Festival der zeitgenössischen Musik“ in den Händen hält, ist zwar beim ersten Blick erleichtert, weil die gröbsten gestalterischen und typografischen Schnitzer des Vorjahresprogramms beseitigt worden sind. Beim genaueren Hinschauen jedoch wird klar: Von einer guten grafischen Gestaltung des Programmheftes kann wiederum keine Rede sein.

Grau in Grau – besser Graugrün, Graublau, Graugelb und sich darauf oder davor kaum abhebende, kleine Schrift in ähnlichen Tönungen: So wird einem die Lust am Lesen verdorben und die Vermittlung der – eigentlich interessanten – Inhalte behindert.

Dass zudem auch diesmal wieder die Bildsprache des Programmheft-Titelblattes irreführend ist, zeugt von gestalterischer Sorglosigkeit oder gar von Ignoranz.

Schon im vergangenen Jahr hatte es durch das Grafikdesign Probleme gegeben: Der damalige giftrosa-grellgelbe Titel mit den grünen Kopfhörern und dem dürftig-miesen TonLagen-Schriftzug wirkte bei schnellem Darüberschauen nämlich wie Werbung für ein Casting von Nachwuchs-Techno-DJs. – Diesmal geht es in eine andere Richtung, doch wieder in eine falsche: Im nicht aufgeklappten Zustand des Heftchens erzeugt die junge Dame im Look der Fotos der früheren sozialistischen Frauenzeitschrift „Für Dich“ den Eindruck von Werbung für Hörgeräte. Oder erinnert das Titelblattdesign gar an eine Art Picture Disc für eine DDR-Schlagersängerin (siehe Foto oben)?

Vom eigenen Logo scheint der Veranstalter ohnehin nicht überzeugt zu sein – auf dem Titelblatt zumindest fehlt es. Folge ist die Frage: Wer eigentlich ist der Veranstalter?

Fazit insgesamt: Blinde Gestaltungswut siegte über die Vermittlung von Inhalten.

Übrigens: Derartige Gestaltungsmisslichkeiten können verschiedene Ursachen haben.
Es gibt selbstgefällige Auftraggeber, die dem Grafikbüro bis in Details hinein vorschreiben, wie es auszusehen hat – und die meisten Grafiker brauchen dringend Aufträge, lassen sich also auf stümperhafte Ideen notgedrungen ein.
Aber es gibt auch Agenturen, die es zu einem hohen Bekanntheitsgrad gebracht haben und die es sich leisten können, mal schnell etwas abzuarbeiten – sie schwimmen auf der Zeitgeistwelle und sind so oder so gefragt. Der Auftraggeber behauptet hier meist, dass Kritik an der Grafik lediglich das Unvermögen des Kritikers zeige, da die Grafik von - manchmal sogar international bekannten - Berühmtheiten stamme.
Beiden Fällen ist etwas gemeinsam: Es fehlt, mal auf der einen, mal auf der anderen Seite, ein Gespür für das Dienen oder das Dienliche.

Gottseidank, dass der Internetauftritt, so wie er am 11. August 2011 aussieht, und das normale September/Oktober-Programm gelungener erscheinen!

M. B.

Dienstag, 10. August 2010

Mit 20.000 Ostmark gestartet, jetzt in den heimlichen Top Ten der deutschen Druckindustrie

Stoba-Druck aus Lampertswalde feiert „20-Jähriges“.

Die Druckerei Stoba-Druck in Lampertswalde nördlich von Dresden feiert ihren 20. Geburtstag. Was im Mai 1990 mit der Gründung der Gesellschaft und einem Startkapital von 20.000 DDR-Mark begann sowie kurz darauf – am 17. August 1990 – auch praktisch ins Leben gerufen wurde, führte im Laufe der zwanzig Jahre in die Top Ten der heimlichen („hidden“) Champions der deutschen Druckindustrie.

Laut der Hamburger Unternehmensberatung Pier18 gehört Stoba-Druck nämlich zu den vordersten zehn deutschen Druckunternehmen, die mit einem hohen Eigenkapitalanteil von mehr als 40 Prozent erfolgreich wirtschaften (Druck&Medien Mai 2010, S. 52/53).
Geschäftsführer Roland Stolle bescheiden: „Wir haben einfach das von Staat geschenkte Geld nicht verprasst oder verwirtschaftet.“

Klar – das geht nur, weil die Stoba-Leute exzellent, fachlich brillant und mit Hingabe arbeiten und dadurch ihre Kunden immer wieder zufrieden stellen. Neben den verschiedenen Einrichtungen aus dem öffentlichen Bereich, so beispielsweise die TU Dresden und die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, zählen eine Reihe renommierter Webeagenturen und der Chemieriese BASF zu den Kunden von Stoba-Druck.

Überwiegend Broschüren sowie Werbe- und Geschäftsdrucksachen werden in Lampertswalde hergestellt und von da vertrieben. Aktuelles Beispiel sind die Sommerferienpässe für die Dresdner Schüler, die aus dem Hause Stoba stammen.

„Druckerzeugnisse gehören auch in der heutigen Zeit der neuen elektronischen Medien zu den wichtigsten Informationsträgern“, sagt Stolle, der ergänzt: „Und nicht nur das: Kein anderer Kommunikationsbereich transportiert auch Image und Ästhetik derart eindrucksvoll wie der Printbereich.“

Deswegen arbeitet Stoba-Druck mit modernster Ausrüstung und Technologie, um die hohe Qualität unserer Druckerzeugnisse zu sichern. Die bisher größte Investition stammt aus dem Jahr 2009. Für über eine Million Euro wurde eine neue Bogenoffset-Maschine angeschafft. Sie ermöglicht, ein maximales Druckbogenformat von 53 mal 74 cm beidseitig 4-farbig zu bedrucken.

„Unser wichtigstes Kapital sind aber unsere Mitarbeiter.“ Da ist sich Stolle ganz sicher. „Denn trotz computergesteuerter Maschinen sind in unserer Branche nach wie vor der geübte Blick, das Geschick und die Akkuratesse des anspruchsvollen Fachmannes gefragt.“

Seit 1991 bildet Stoba-Druck Berufsnachwuchs aus, nimmt Lehrlinge auf. Insgesamt 22 junge Leute konnten bei der Druckerei ihre berufliche Ausbildung abschließen. „Ein großer Teil ist auch jetzt noch bei uns“, sagt Stolle. „Den heute von der Wirtschaft beklagen Fachkräftemangel kennen wir dadurch nicht. Wir übernehmen so viele wie möglich.“
Ein Grund zum Feiern ist für Stolle auch der Umstand, dass von den sechs Leuten, die 1990 die Grundlagen für Stoba-Druck schufen, fünf immer noch im Unternehmen sind. Wenn das nicht für die guten Arbeitsbedingungen und das gute Arbeitsklima bei Stoba-Druck spricht....
Gefeiert wird mit vielen Geschäftspartnern, Kunden und Freunden am Abend des 20. August 2010 im Schloss Schönfeld in der Nähe von Lampertswalde.

M. B.

Dienstag, 20. Juli 2010

Günter Heinz bringt Juan Carlos Valle zum Klingen

(Günter Heinz. Foto: HaJo Maquet)

Ende August wird eine Komposition des sächsischen Komponisten und Jazzers Günter Heinz, der in diesem Jahr für drei Monate Stipendiat der Kulturstiftung des Freistaates Sachsen ist, zur Uraufführung kommen. Die Performance „Briefe aus Rauch“ wird anlässlich des Literaturfestivals „Bardinale“ aufgeführt.

Das Werk bezieht sich auf Texte des zeitgenössischen spanischen Dichters Juan Carlos Valle „Karlotti“. Es ist von höchster Konzentration, aber auch von größter Empfindsamkeit – wie die Worte des Dichters. Einzelne Worte, wie hingeworfen. Und doch erzeugen sie Bilder von großer Intensität. Die Texte werden von Vanessa Vidal (Valencia) in Originalsprache und auf Deutsch vorgetragen. Günter Heinz und Ruairí O’Brien eröffnen der Sprache mit ihrer Musik- und Lichtkompositionen einen erweiterten Erfahrungsraum, der alle Sinne anspricht.

Günter Heinz entdeckte den Dichter, dessen Texte erstmalig in Deutschland gelesen werden, durch eine Zeitungsnotiz, die ihn (den Musiker) mit Karlotti (dem Dichter) verglich.
Dort schrieb Ildefonzo Rodrigez: „… ich sah etwas, was ich zuvor noch nie gesehen hatte. Günter Heinz, dieser Musiker, der uns immer an Karlotti erinnert hat, gab seiner Posaune während des Konzerts einen Schluck Wein. Feinfühlig (alles an Günter ist feinfühlig, sein Sprudeln, Gurgeln, Glucksen, seine Klangblasen) erhob er ein mit rotem Wein gefülltes Glas und gab seiner Posaune zu trinken. Wie in der uralten Geschichte desjenigen, der Wein und Essen mit seinen Tieren teilt...“


Aufführungstermine:
29. August 2010 Freiberg/Sa. Dorfkirche Kleinwaltersdorf, Beginn: 20 Uhr
31. August 2010 Dresden, Jazzclub Neue Tonne, Beginn 20 Uhr
„Briefe aus Rauch“ von Günter Heinz
Vanessa Vidal (Sprecherin), Günter Heinz (Musik), Ruairi O’Brian (light art)

Freitag, 5. Februar 2010

Ganz konkret: Durch die Augen in den Sinn

Neue Publikation der Dresdner Galerie Konkret erschienen


Als Jochen Stankowski 1998 aus dem Rheinland nach Dresden kam, hatte er wohl nicht daran zu denken gewagt, neben seinen Hauptprofessionen hier einmal eine Galerie zu führen. Doch der Grafikdesigner, Maler, Fotograf oder, wie er sich selbst gern bezeichnet „Zeichensteller“ Stankowski, erkannte wohl den genius loci, und es fanden sich für eine Galerie geeignete Räume auf der Rothenburger Strasse: Nicht zu groß, hell und inmitten der pulsierenden Dresdner Neustadt gelegen. Thomas Kohl, in Dresden geboren, brachte in die Galerie seine Ideen und Erfahrungen als Industrie- und Grafikdesigner und als Verleger ein.

Seit 2005 bereichert die Galerie Konkret nun die Dresdner Kunstszene und zeigt mit der kürzlich herausgegebenen Publikation „Durch die Augen in den Sinn – Aspekte visueller Wahrnehmung“, wie zahl- und facettenreich das Ausstellungsgeschehen an diesem Ort ist.

Der Name der Galerie verweist auf eine Kunst, in der sich das Sichtbare nur auf sich selbst bezieht, auf Elementares reduziert, zu bewusstem Sehen und logischem Denken animiert. Ein im Jahre 1910 von Wassily Kandinsky gemaltes Aquarell steht am Beginn der als „Konkrete Kunst“ bezeichneten Kunstrichtung, deren Ziel Max Bill formulierte: „gegenstände für den geistigen gebrauch zu entwickeln“ - das bedeutet, Aufmerksamkeit zu lenken, Wahrnehmungsfunktionen zu schärfen, das Sehen zu schulen.

Man kann es ein Phänomen nennen, dass sich hier in Dresden, mehr noch als in anderen Zentren der Kunst, wie in Stuttgart oder Köln, über Jahrzehnte hinweg eine Szene konstruktiv und konkret arbeitender Künstler etablieren konnte.

Sie begründet sich auf den Reformbewegungen des beginnenden 20. Jahrhunderts mit Werkbund und bedeutenden Kunstausstellungen, knüpft an die Leistungen von Lehrern der Akademie für Kunstgewerbe, wie Carl Rade, und der Akademie der Bildenden Künste mit dem vom Bauhaus kommenden Mart Stam an.

Auch wirkten hier Franz Ehrlich, Hermann Glöckner und später Wilhelm Müller, Manfred Luther und Karl-Heinz Adler. Sie gaben in schwierigen Zeiten vielen Künstlern Maßstab und künstlerische Orientierung. Auffällig ist heute, dass viele der konstruktiv-konkret arbeitenden Künstler mit der Architektur-Fakultät der Technischen Universität verbunden waren oder sind, wie Karl-Heinz Adler, Karlheinz Georgi, Peter Albert, Dieter Schölzel, Eckhard Bendin, Wolff-Ulrich Weder, Niels-Christian Fritsche. Aber auch Gert Bär, Professor für Geometrie und Kinematik, gehört zu dem Kreis der „Konkreten“.

Das Buch „Durch die Augen in den Sinn“ stellt in zwei Hauptteilen die insgesamt 17 Ausstellungen und 14 Werkstattgespräche, die bisher in der „Galerie Konkret“ stattfanden, chronologisch vor. Dabei ist die Spannweite konstruktiv-konkreter Ausdrucksformen sowohl in den Ausstellungen als auch in den Texten und Vorträgen beeindruckend.

Dem Künstler Friedrich Kracht widmete Jochen Stankowski die erste Ausstellung. Aus heutiger Sicht ist es selbstverständlich, dass den Galeristen die besondere Persönlichkeit des Künstlers und sein kraftvolles Werk faszinierten. Die Bescheidung auf das Wesentliche in Form und Farbe, die kraftvolle Körperlichkeit, die sich doch in vielen Bildern einer rationalen Erfassung entzieht, stimulieren den Betrachter nicht nur zum genaueren Sehen, sondern provozieren durch Irritationen zum Nachdenken über die Verlässlichkeit des Sehens. Die Dokumentation der folgenden Präsentationen thematisiert u.a. den Blick auf gegensätzliche Formelemente, wie Linien und Flächen in ihren unterschiedlichen Konstellationen und Bedeutungen (Jochen Stankowski), Formfindungen aus systematischer Untersuchung von Veränderung des 2-Dimensionalen durch Faltung (Thomas Kohl: „Metamorphosen“), produkt- und baubezogene Arbeiten (Karl-Heinz Adler, Friedrich Kracht: „Formstein-System“), Farbe-Form Kompositionen (Folker Fuchs: „Module – serielle Räume“), die Wahrnehmung über die Kamera - konstruktivistische Fotografie (Stankowski: „Licht durch Schatten“), mathematische Gesetzmäßigkeiten in digitalen Bildern (Gert Bär: Visuelle Mathematik“) und Material-Farbe-Form-Relationen (Christine Weise: „Spiel der Fäden“).

Der 2. Teil „Werkstattgespräche“ verknüpft Konkrete Kunst mit Zeichensprachen aus den verschiedensten Berufsfeldern. So ist z.B. nachzulesen, wie der Komponist und Musiker Hartmut Dorschner mit graphischem Talent Partituren schreibt, in denen durch enge und weite Strukturen, dicke und dünne, gerade, gekräuselte, fallende, steigende Linien, Buchstaben, Silben, Worte die Dynamik des Stückes erkennbar wird.

Der Physiker Dietrich Schulze, ehemals Ordinarius an der Fachrichtung Physik, erkannte bei seiner Arbeit am Elektronenmikroskop Ähnlichkeiten in Werken der Kunst. Peter Grohmann, Kabarettist, Schriftsetzer und Schriftsteller interessieren die Buchstaben-, Wort und Sprachspiele. Gern lässt man sich ein, entdeckt das im Wort Versteckte und freut sich, dass der Schwachsinn gängiger Begriffe mit Humor entlarvt wird. Jens Besser bringt Writing und Street Art ins Bewusstsein – Interventionen, die Stadträume wesentlich prägen. Kaum vermag man sie zu entschlüsseln, doch vermitteln sie durch ihre Zeichenhaftigkeit Botschaften.

Die inhaltlich sehr reiche Publikation zeigt, dass sich die Galerie Konkret nach nur vier Jahren als lebendiger, fächerübergreifender und, Generationen verbindender Ausstellungs-, Bildungs- und Begegnungsort etabliert hat.

Das Buch ist aber weit mehr als eine Retrospektive: Es ist eine Art Lehrbuch für alle, die an elementaren Gestaltungsprozessen und ihren Resultaten interessiert sind. Zu wünschen ist, dass das Buch viele Leser erreicht und sie in ihrem Bemühen um gestalterische Qualität bestärkt.

Maria Obenaus

„Durch die Augen in den Sinn“, Jochen Stankowski, Nora Arnold, Thomas Kohl (Hg.), Die Verlagsgesellschaft, Dresden, 2010, 216 Seiten, 19,80 €
www.atelier-stankowski.de
www.verlagsgesellschaft.net

Freitag, 22. Januar 2010

Die Formulierung „Jazzclub Tonne in Dresden wieder eröffnet“ ist falsch und irreführend

Hinterm Tresen im Jazzclub Neue Tonne Dresden im Klubkeller auf der Königstraße 15 - etwa 2007 (Foto: V. S.)

Gelegentlich liest man seit Mitte Januar 2010 im Internet, in Web-Foren oder Nachrichtenportalen, die Formulierung „Jazzclub Tonne in Dresden wieder eröffnet“.

Diese Formulierung „Jazzclub Tonne in Dresden wieder eröffnet“ ist jedoch falsch. Es gibt keinen „Jazzclub Tonne“ mehr in Dresden, weder in den Gewölbekellern des Kurländer Palais noch an anderer Stelle. Diese falsche Formulierung weckt auch falsche Hoffnungen, was der Veranstalterin Gabriele Kaul gegenüber auch unfair wäre.

Richtig ist:
Im Rahmen eines kommerziellen Betreiberkonzeptes für die Räume des Kurländer Palais soll es neben vielfältigen anderen Veranstaltungen künftig einmal (!) im Monat ein Konzert mit Oldtime oder Swing mit anschließender Session und mit einem stilistisch entsprechendem DJ geben, gemeinsam veranstaltet vom Betreiber Mirco Meinel und der Jazzagentur Kaul (JAK).

Das Ganze läuft unter dem werbewirksamen Namen „Jazzclub Dresden“. So lange es bei einem oder nur sehr wenigen Konzerten monatlich bleibt, scheint mir persönlich die Bezeichnung „Jazzclub“ etwas hochgestochen zu sein. Immerhin gibt es in Dresden eine ganze Reihe von Veranstaltern, die mindestens einmal im Monat Jazzkonzerte anbieten - meist jedoch viel häufiger und sogar in „uriger“ Klubatmosphäre (Jazzclub Neue Tonne, Blue Note, riesa efau, diverse weitere in der Dresdner Neustadt).

Von einer Wiederkehr des alten „Tonne“-Gefühls mit Fettbemmen und Jeanslook im Keller des Kurländer Palais ist angesichts der aktuellen Situation mit Edel-Interieur und nicht gerade volkstümlichen Eintrittspreisen ohnehin nicht auszugehen.

Nach der Pleite des alten „Jazzclubs Tonne“ Ende November 2000 hatte sich der „Jazzclub Neue Tonne“ gegründet, der ab April 2002 im Kellergewölbe unter dem Kulturrathaus, Königstr. 15, ansässig ist. Seit vielen Jahren bietet er dort jährlich etwa 120 (also monatlich durchschnittlich zehn, angesichts der Sommer- und der Weihnachtspause eigentlich monatlich dreizehn) Konzertveranstaltungen an. Seit 2005 hat er mit den JAZZWELTEN wieder ein eigenes kleines Festival, das immer Ende März stattfindet. Im Jahr 2010 feiert dieser Verein mit zehn Höhepunkt-Konzerten über's Jahr verteilt seinen zehnten Geburtstag.

Der Jazzclub Neue Tonne hat sich sowohl den Begriff „Tonne“ im Zusammenhang mit Jazz, Musik, Klub u. v. m. als Wort-, das Logo als Bild- sowie das Logo mit dem Wort „Tonne“ als Bild-Wort-Marke rechtlich schützen lassen. Zur Geschichte des Logos mehr auf Jazz+Sonstiges.

Die Jazzagentur Kaul und die „Neue Tonne“ haben vereinbart, zu kooperieren und so weit wie möglich die Termine zu koordinieren.

Mathias Bäumel