Dresden: Die Waldschlösschenbrücke. (Foto: M. B.)
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Montag, 21. Juli 2014

Meine Meinung: Rückblick auf Irrtümer und Problemdiskussionen rund um Dynamo Dresden

Der Start in die Drittliga-Saison 2014/2015 steht nun unmittelbar bevor. Grund genug, auf ein paar Irrtümer und Problemdiskussionen im Zusammenhang mit Dynamo Dresdens Abstieg aus der 2. Bundesliga zurückzublicken.

Sportliche Fragen
Ein in den letzten Monaten häufig gemachter Vorwurf lautet, der frühere Sportdirektor Menze und der frühere Trainer Loose hätten die Mannschaft falsch zusammengestellt und Spieler geholt, die überwiegend nicht zweitligatauglich seien.

Doch das trifft nicht zu. Einerseits bekommt man die besten Spieler nicht, wenn man nur wenig Geld ausgeben kann. Andererseits waren Spieler wie Savić, Gueye, Brégerie, anfangs Poté und Dedic, später auch Ouali, Losilla, aber auch Aoudia Leistungsträger im Dynamo-Team. Sie und einige andere (je nachdem, welche Saison man betrachtet) sorgten dafür, dass Dynamo zweimal nicht abstieg.
Natürlich gab es im Laufe der Zeit immer wieder auch Spieler, die nicht so einschlugen. Doch von den etwas renommierteren waren wohl nur Christoph Menz (sein mieser Auftritt in Schwarzgelb gegen seinen früheren Verein Union Berlin am 9. August 2013 war wohl das Beste, was er je für Union geleistet hat) und Vincenzo Grifo (der auch nicht der Ära Menze angerechnet werden kann) Totalausfälle. Die Tatsache, dass bisher fast alle Absteiger-Spieler bei anderen Klubs auf Zweitliganiveau wieder Verträge – wenn auch manchmal geringer dotiert – erhalten haben, zeigt, dass sie so schlecht nicht sind.

Für den sportlich-tabellarischen Niedergang 2013/2014 dürfte wohl eher das Unvermögen der Dynamo-Führung hauptverantwortlich gewesen sein, Trainer mit den jeweils benötigten Fähigkeiten zu binden. Aber auch Zufälle spielten eine Rolle.

Dass Ralf Loose, der Wikipedia zufolge schon 2004/2005 zu den verheißungsvollsten deutschen Trainertalenten zählte, irgendwann einmal »verschlissen« sein würde, ist normal.
Dass man aber für Looses Nachfolge mit Peter Pacult ausgerechnet einen Mann holte, der Dynamo schon einmal im Regen stehen ließ, und dem man nachsagt, nicht gerade ein Motivator, dafür aber ein grantelnd-selbstherrlich über die Spielerköpfe hinweg Agierender zu sein, war als drastischer Fehlgriff voraussehbar. Und dass man Pacult später sofort nach dem Erfolg (!) in der Abstiegsrelegation 2012/2013 mittels einer intrigant wirkenden oder zumindest unprofessionellen Informationspolitik des Aufsichtsrates öffentlich demontierte, musste den Verein und den Teamgeist der Spieler erschüttern. Der Fall Pacult war der Quell fast allen darauffolgenden Übels.
Die vereinsinternen Folgen einschließlich des katastrophalen Saisonstartes 2013/2014 mit zwei von zwölf möglichen Punkten konnten danach nicht mehr durchgreifend beseitigt werden; auch Pacults Nachfolger Olaf Janßen, der der zer- oder gebrochenen Mannschaft zeitweise wieder Teamgeist induzierte, vermochte das nicht.

Auch wenn vor allem Mängel bei der Führung Dynamos und im Trainer-Bereich hauptverantwortlich für den Abstieg in die 3. Liga am Ende der Saison 2013/2014 zu sein scheinen, spielten wohl auch Zufälle das Zünglein an der Waage. Als sicher darf gelten: Wenn sich Aoudia nicht verletzt hätte, wäre Dynamo nicht abgestiegen. Und wenn Adnan Mravac – als Folge seiner im Spiel noch nicht erkannten Kopfverletzung – am 10. November 2013 gegen Aue nicht das Tor für Aue unverschuldet »verursacht« hätte, wohl auch nicht.

Ob die jetzige sportliche Führung ihre Sache besser machen wird, darf man skeptisch sehen. Immerhin hat der Dynamo-Verein seinem gegenwärtigen Sportdirektor auch einen der riskantesten Trainerfälle Dynamos mitzuverdanken: Minge verhalf als damaliger Geschäftsführer Sport dem Holländer Ruud Kaiser, der Dynamo sportlich fast in den Abgrund stürzte, im Juni 2008 zum Trainerposten. Und der gegenwärtig im Aufsichtsrat für die sportlichen Belange sitzende Dixie Dörner? Einst war er als Aktiver einer der begnadetsten Liberos Europas. Als Trainer legte er dann ab 1997 eine Abwärtslaufbahn hin und blieb in diesem Beruf bisher ohne größere Bedeutung.

Überhaupt: Bei Dynamo scheint man dem Irrglauben nachzuhängen, mit dem sportlichen Erfolg käme auch wirtschaftliche Sanierung. Doch nur andersherum wird ein Fußballschuh daraus: Sportlicher Erfolg entsteht nur durch und in der Folge einer wirtschaftlichen Gesundung.

Die Richtigkeit dieses Prinzips wird bisher von RB Leipzig eindrucksvoll bestätigt. Es wäre lächerlich, wollte man die Leipziger dafür kritisieren, dass sie das gemacht haben, was die Dresdner Vereinsführung seit Jahren nicht hingekriegt hat: das gemeinsame Ziehen aller Führungspersonen an einem Strang in eine Richtung auf der Basis und für eine wirtschaftliche Solidität.

Stadion-Fragen
Das heißt sicher als allererstes: Das Problem der sehr hohen Gesamtkosten für die Nutzung des Stadions (Miete, Betriebskosten, Nebenkosten und weitere) muss gelöst werden.

Dynamo konnte bisher im Zweitligavergleich überdurchschnittlich hohe Besucherzahlen zu Heimspielen generieren. Das Konstrukt mit der das Stadion betreibenden Projektgesellschaft sorgt jedoch dafür, dass die von den Fans aufgebrachten hohen Ticketeinnahmen nicht im erforderlichen Maße wirklich dem sportlichen Bereich zugute kommen. Irgendwas läuft schief, wenn Dynamo (in der 2. Bundesliga) bloß etwa so viel Geld für Spieler ausgeben kann wie ein kleinerer Verein mit viel weniger Ticket- und Sponsoreneinnahmen. Hier steht die Frage: Warum sollten die Dynamo-Fans mit ihren Eintrittsgeldern weiterhin die Projektgesellschaft und damit indirekt einen großen europäischen Baukonzern reicher machen, obwohl die Ticket-Einnahmen doch aus der Begeisterung für die Mannschaft generiert werden?

Die jetzige Situation scheint die Folge einer politischen Entscheidung zu sein, die man als typisch für Dresden empfinden kann.
Die Spatzen pfiffen es damals von den Dächern, dass Dresden in den neunziger Jahren im Vorfeld der Bewerbung Deutschlands um die Ausrichtung der Fußballweltmeisterschaften 2006 ein modernes Fußballstadion fast zum Nulltarif erhalten sollte – sogar, wie von manchen Dresdnern gewünscht, im Ostra-Gehege. Doch das Dresden der Herbert-Wagner-Ära lehnte offenbar ab. Eine Entscheidung, die sowohl der Stadt als auch Dynamo viel Geld kostete.

Mit dem Aufstieg Dynamos 2004 in die 2. Bundesliga wurde die Stadionfrage allein schon aus Sicherheitsgründen wieder aktuell, dennoch blieb im politischen Raum das Thema Stadion Zankapfel und »heiße Kartoffel«. Klar war: Es musste ein modernes Stadion her, aber keiner wollte oder konnte eins bauen.

Die »Rettung« kam mit dem neuen Oberbürgermeister Ingolf Roßberg. Im Frühjahr 2007 wurden die entsprechenden – aus heutiger Sicht für die Stadt und für Dynamo finanziell sehr problematischen Verträge – unterschrieben. Ab Herbst 2007 wurde das neue Stadion gebaut, eröffnet wurde es im September 2009.
Dynamo, im Sommer 2006 wieder abgestiegen, hatte damit endlich eine wunderschöne, den Sicherheitsvorschriften genügende Heimstatt – letzteres eine Voraussetzung für die 2. Bundesliga. Aber der Fußballverein hatte damit gleichzeitig einen finanziellen »Bleiklotz« am Bein, der einen fairen Wettbewerb mit anderen Fußballclubs sowie eine zukunftsorientierte Entwicklung des sportlichen Bereiches stark, vielleicht sogar existenzgefährdend behindert. Ralf Minge zumindest, damals schon einmal Sportdirektor, sah Medien zufolge den Verein wegen des Stadionvertragswerkes nicht mehr wettbewerbsfähig.

Die Frage muss gestattet sein: Wer eigentlich verdient wieviel am Stadion und warum? Dynamo Dresden zahlt und die Stadt Dresden zahlt, und beide nicht gerade wenig, ohne jemals Eigentümer zu werden. Es muss jedoch einen Ausweg geben, denn andernorts ist es ja auch möglich, für deutlich weniger Geld ein modernes Stadion so zu nutzen, dass man als Verein noch viel finanzielle »Luft« für die Entwicklung des sportlichen Bereichs hat.

M. B.

Dienstag, 8. Juli 2014

Verkehrspolitik in Dresden – Kommentar zum Kommentar in der Sächsischen Zeitung

Aus dem Urlaub zurückgekehrt, sichte ich die Zeitungen der vergangenen Wochen. – Und stutze. Was schreibt da Tobias Winzer in seinem verkehrspolitischen Kommentar der Sächsischen Zeitung vom 10. Juni 2014? »Die Stadt befindet sich beim Thema Parken in einem Teufelskreis. Schafft sie in einem Gebiet neue Parkplätze, wird es für Auswärtige insgesamt attraktiver, dorthin mit dem Auto zu fahren. Sie schafft also mit dem Angebot eine erhöhte Nachfrage. Die neu geschaffenen Parkplätze sind im Nu wieder belegt, und das Spiel beginnt von vorn.« – Mein Gott, was für eine verdrehte Überlegung! Am besten, wir machen Dresden so unattraktiv und verkehrsstrukturell schlecht ausgestattet wie möglich, dann kommen Auswärtige gar nicht erst auf die Idee, unsere Stadt zu besuchen, und erst recht nicht mit ihren Autos. Wir würden nicht nur viele Kraftfahrzeuge von uns fernhalten, sondern auch die ziemlich hohen Kosten für den Strukturausbau anderer Verkehrsmittel sparen. Ein städtisches Idyll wäre die Folge – so zumindest kann man Herrn Winzer verstehen.

Und der scheint Gedanken argumentativ so zu (ver)drehen, wie er es gerade braucht. Eine Reihe von grünlichen Journalisten und Politikern hatte vor nicht allzu langer Zeit kritisiert, dass über die Waldschlösschenbrücke seit Monaten weniger Autos rollen als einst prognostiziert. Ergo: Das Attraktivermachen des Verkehrs durch die Brücke hat – eine wohl einvernehmliche Feststellung – keineswegs zusätzlichen Autoverkehr generiert. Die ideologisch verquaste Denkweise vom verbesserten Angebot, das ein erhöhtes Verkehrsaufkommen induziere, wird immer dann bemüht, wenn sie in den Kram zu passen scheint. Wenn nicht, wird sie schnell »vergessen«. Wie auch hier von Tobias Winzer.

Nach einem Verbalausflug Richtung Los Angeles fährt Winzer fort: »Das, was wir Dresdner an unserer Stadt schätzen, nämlich die engen Neustadt-Gassen und die Fußgängerzonen in der Altstadt, gibt es in so einer autogerechten Stadt (wie Los Angeles, M. B.) nicht.« – Wie verräterisch! Winzers Stadt-Ideal »riecht« sehr nach Puppenstuben-Touristen-Romantik – die Stadt als museales, Spitzweg-Flair vermittelndes Objekt, das von schlendernden, konsumfreudigen Touristen durchströmt und von Müßiggängern zur spirituellen Erbauung genossen wird.

Nein – ich zumindest verlange von einer Stadt mehr und anderes! Dazu gehört auch, dass die Stadt nicht nur fußgänger-, fahrrad- und ÖPNV-, sondern auch autofreundlich ist!

Abgesehen davon: Wo sind denn die »engen« Neustadt-Gassen und die Fußgängerzonen in der Altstadt, die ein angenehmes Flair verbreiten würden? Die besagten engen Gassen sind in Wirklichkeit ein paar mit Hundekot vollgeschissene Straßen, auf denen Kampfradfahrer ihre das Selbstwertempfinden erhöhenden Gefechte gegen Fußgänger und Autofahrer führen. Und was soll an den tagsüber mit Touri-Kolonnen, Strömen von Konsumbesessenen und ein paar Dealern bevölkerten Fußgängerzonen bewahrenswert sein? Die sie umgebenden Großgebäude, überwiegend beton- und glasgewordene Verkörperungen architektonischen Niederganges, sicher nicht – sogar die umstrittene Waldschlösschenbrücke ist dagegen ein Lichtblick.

Klar, Winzer hat einen Kommentar – und damit erlaubt subjektiv – geschrieben. Ein Freibrief zur Verbreitung von Dummheiten ist ein Kommentar jedoch deswegen nicht.

M. B.