Dresden: Die Waldschlösschenbrücke. (Foto: M. B.)
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Donnerstag, 12. August 2010

Grafik für das Tonlagen-Programmheft: Das gestalterische Grauen geht weiter

Das Tonlagen-Programmheft – hier nicht ganz zufällig abgelegt auf das Buch „The Gimmix Book of Records“ von Frank Goldmann und Klaus Hiltscher: (Edition Olms, Zürich 1981 – Covergestaltung: Bilal Dallenbach)

Das Grauen geht weiter – sogar im doppelten Sinne. Wer das neue Programmheft für die 2010-er Ausgabe der „Tonlagen. Dresdner Festival der zeitgenössischen Musik“ in den Händen hält, ist zwar beim ersten Blick erleichtert, weil die gröbsten gestalterischen und typografischen Schnitzer des Vorjahresprogramms beseitigt worden sind. Beim genaueren Hinschauen jedoch wird klar: Von einer guten grafischen Gestaltung des Programmheftes kann wiederum keine Rede sein.

Grau in Grau – besser Graugrün, Graublau, Graugelb und sich darauf oder davor kaum abhebende, kleine Schrift in ähnlichen Tönungen: So wird einem die Lust am Lesen verdorben und die Vermittlung der – eigentlich interessanten – Inhalte behindert.

Dass zudem auch diesmal wieder die Bildsprache des Programmheft-Titelblattes irreführend ist, zeugt von gestalterischer Sorglosigkeit oder gar von Ignoranz.

Schon im vergangenen Jahr hatte es durch das Grafikdesign Probleme gegeben: Der damalige giftrosa-grellgelbe Titel mit den grünen Kopfhörern und dem dürftig-miesen TonLagen-Schriftzug wirkte bei schnellem Darüberschauen nämlich wie Werbung für ein Casting von Nachwuchs-Techno-DJs. – Diesmal geht es in eine andere Richtung, doch wieder in eine falsche: Im nicht aufgeklappten Zustand des Heftchens erzeugt die junge Dame im Look der Fotos der früheren sozialistischen Frauenzeitschrift „Für Dich“ den Eindruck von Werbung für Hörgeräte. Oder erinnert das Titelblattdesign gar an eine Art Picture Disc für eine DDR-Schlagersängerin (siehe Foto oben)?

Vom eigenen Logo scheint der Veranstalter ohnehin nicht überzeugt zu sein – auf dem Titelblatt zumindest fehlt es. Folge ist die Frage: Wer eigentlich ist der Veranstalter?

Fazit insgesamt: Blinde Gestaltungswut siegte über die Vermittlung von Inhalten.

Übrigens: Derartige Gestaltungsmisslichkeiten können verschiedene Ursachen haben.
Es gibt selbstgefällige Auftraggeber, die dem Grafikbüro bis in Details hinein vorschreiben, wie es auszusehen hat – und die meisten Grafiker brauchen dringend Aufträge, lassen sich also auf stümperhafte Ideen notgedrungen ein.
Aber es gibt auch Agenturen, die es zu einem hohen Bekanntheitsgrad gebracht haben und die es sich leisten können, mal schnell etwas abzuarbeiten – sie schwimmen auf der Zeitgeistwelle und sind so oder so gefragt. Der Auftraggeber behauptet hier meist, dass Kritik an der Grafik lediglich das Unvermögen des Kritikers zeige, da die Grafik von - manchmal sogar international bekannten - Berühmtheiten stamme.
Beiden Fällen ist etwas gemeinsam: Es fehlt, mal auf der einen, mal auf der anderen Seite, ein Gespür für das Dienen oder das Dienliche.

Gottseidank, dass der Internetauftritt, so wie er am 11. August 2011 aussieht, und das normale September/Oktober-Programm gelungener erscheinen!

M. B.