Dresden: Die Waldschlösschenbrücke. (Foto: M. B.)
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Freitag, 23. Dezember 2011

Protest gegen den Abbau der Gaskandelaber in einem Dresdner Denkmalschutzgebiet

Der in Dresden lebende und arbeitende Architekt Rainer Scholz äußert sich zur Denkmalschutzsituation in Dresden, speziell in Striesen und Blasewitz:


Vielleicht haben Dresdner und Gäste der Stadt schon mitbekommen, das im Zuge der Sanierung der Altenberger und Oehmestraße die alte Gasbeleuchtung gegen zwölf Meter hohe Zinkmasten erfolgt. Ich habe mich dazu beim Straßen- und Tiefbauamt und beim Denkmalamt erkundigt und beschwert, da die alten Gaskandelaber als Kulturdenkmal geschützt sind, und sich der Straßenbau zudem durch das Denkmalschutzgebiet Striesen-Blasewitz Nord-Ost zieht.

Nach Aussage des Denkmalamtes wurde hier mit massivem Druck vom Straßen- und Tiefbauamt darauf gedrungen, die alte Gasbeleuchtung abzubauen. Es gibt eine Vereinbarung, in welchen Straßen die Kandelaber abgebaut werden dürfen. Dazu gehört die Altenberger-Oehmestraße, Hüblerstraße, Augsburgerstraße und die Bergmannstraße, innerhalb des Denkmalschutzgebietes. Geplant ist hier der Ausbau der Straßen zu Hauptverkehrsstraßen, aufgrund der Einordnung des Stadtplanungsamtes. So wie ich das Straßen- und Tiefbauamt verstanden habe, wurden umfangreiche Fördermittel für den Ausbau zu Hauptstraßen genehmigt. Ein wichtiger Bestandteil dieser Förderkriterien ist die Beleuchtung der Straßen nach neuesten Anforderungen.

Was mir sehr dabei aufstößt ist, das die Stadt es wohl darauf abzielt, möglichst den Großteil der Straßensanierung über Fördermittel zu finanzieren, und daher das geschützte Stadtbild im Wege steht, um an die Fördertöpfe zu gelangen. Laut Denkmalschutzsatzung sind nur unerhebliche oder zeitlich begrenzte Maßnahmen genehmigungsfähig. Der Abbau der Gasbeleuchtung ist sicher kein unerheblicher Eingriff in das geschützte Stadtbild.

Bei mir stellt sich die Frage, wenn die Stadt sich, um Fördermittel zu erlangen, über ihre eigene Denkmalschutzsatzung hinwegsetzen kann, ob dann nicht auch die Anlieger und Bürger das dürfen? Dann würde das Stadtbild endgültig – zum Beispiel durch Vollwärmeschutzfassaden – zerstört.
Ich sehe in dem Vorgehen der Stadt eine massive Schwächung des Denkmalschutzes. Hier kann eine schlechte Vorbildwirkung entstehen, die den Denkmalschutz aushebelt.

Den eigentlichen Grund für den Ausbau der Durchgangs- zu Hauptverkehrsstraßen konnte mir auch das Straßen- und Tiefbauamt nicht schlüssig erläutern. Da das blaue Wunder an der Kapazitätsgrenze ist, wird nicht von einer Verkehrszunahme ausgegangen. Auch der zukünftige Verkehr von der Waldschlösschenbrücke wird für Stiesen-Blasewitz nicht mit einbezogen, da der Verkehr und der Stau am Blauen Wunder diesen Stadtteil für Nutzer der Waldschlösschenbrücke unattraktiv macht.
Also kann der Grund nur in der Fördermittelkriterien liegen, der dazu führt, das völlig überzogene Baumaßnahmen durchgeführt werden, die eher an einen Autobahnrastplatz erinnern, als an einen Straßenbau in einem Denkmalschutzgebiet.

Sind nicht schon in DDR-Zeiten die Bürger auf die Straße gegangen, um gegen den Abbau der Gaskandelaber zu protestieren? Nach der Kriegszerstörung, dem sozialistischen Wiederaufbau, der Aberkennung des Weltkulturerbes, wird hier weiter daran gearbeitet, das Dresden bis in die Gegenwart ein Beispiel für die grenzenlose Dummheit der Menschheit bleibt.

(Foto oben: Die neuen Beleuchtung, hier noch mit altem Gaskandelaber, der inzwischen abgebaut wurde. Foto R. Scholz)


Rainer Scholz

Dienstag, 13. Dezember 2011

Aus für die SZ-Beilage PluSZ – Wirkungen zwischen Niedergang und Chance

Die wöchentlich erscheinende kulturelle Veranstaltungsbeilage PluSZ der Sächsischen Zeitung soll zum 26. Januar 2012 eingestellt werden. Dies meldete bereits am 27. November 2011 flurfunk-dresden.de. Dort gab DD+V-Geschäftsführer Oliver Radke auch zum »besten«, dass es dabei um Kohle geht: »Der Verlag konzipiert bis dahin ein Anschlussprodukt, das wie PluSZ der SZ beigelegt wird. Die Konzeption dieses Produktes erfolgt unter Vermarktungsgesichtspunkten, um dessen Wirtschaftlichkeit sicherzustellen.«

Auf gut Deutsch: Ein Nachfolgeprodukt soll als Verlagsbeilage produziert werden, also zu 100 Prozent werbefinanziert, betreut von einem einzigen festfreien Redakteur, der für dann 16 Seiten pro Woche verantwortlich ist. Unter Zuhilfenahme von zwei Freien für mariginale Zuarbeiten ist der »Alleinredakteur« dann zuständig für Bühne, Musik, Kunst und Film, aber auch für die Akquise von werbefinanzierten Texten und Veranstaltungs- sowie Kinodaten. Wie kompetent kann der da noch sein? Welche Gestaltungsmöglichkeiten hat der dann noch? Und wie viele bisherige PluSZ-ler beißen ins Gras?

Texte, die dort erscheinen, werden Promo-Texte der Veranstalter sein. Kleine Klubs mit minimalen Finanzmitteln dürften dann – je nach Preisen – in diesem Werbeblättchen nur noch kaum oder überhaupt nicht mehr vorkommen.

Wer mehr Geld ausgeben kann, kriegt mehr Text.

Wohin das führen kann, konnte man in den letzten Jahren sehen, als ein Jazzveranstalter Titelseiten und Anzeigen bei Dresdner Medien gleich in Serie kaufte, um für sein dürftiges »Festival« zu werben – mit dem Ergebnis, das qualitativ bessere und anspruchsvollere Angebote anderer, aber nicht annähernd so finanzkräftiger Veranstalter ins Aus des öffentlichen Bewusstsein gedrängt und Qualitätsmaßstäbe völlig verzerrt wurden.

Die Aufgabe der bisherigen PluSZ-Beilage zugunsten eines auf Schmott konzipierten Werbeblättchens begünstigt die Verlagerung des (eigentlich legitimen) Wettbewerbes der Veranstalter um Publikum von der Ebene der künstlerischen Qualität auf die Ebene der Finanzkraft.

Aber: Ob dieser Schritt aus der Sicht seiner Initiatoren zum Ziel führt, bleibt fraglich. Wenn ohnehin nur abgedruckt wird, was Veranstalter bezahlt haben, kann man sich als Leser und Veranstaltungstipp-Sucher auch gleich per Internet, E-Mail-Rundbrief-Abo und RSS-Feed direkt bei den Veranstaltern informieren. Das geht heutzutage mit ein, zwei oder drei Klicks am Computer oder mit dem Smartphone und erbringt sogar noch aktuellere Ergebnisse als bei Nutzung eines Wochenblattes.

Was die PluSZ und überhaupt eine seriöse Zeitung ausmacht(e), sind die journalistische und sachliche Kompetenz, die Souveränität und die Kritikfähigkleit der Journalisten. Die haben den nötigen Überblick, die Fachkenntnis und den kritischen Geist, sie werden genau deswegen von der Leserschaft wertgeschätzt. Denn sie bewerten nämlich das, was an Veranstaltungstipps in die Welt »gepresst« wird, geben Orientierung und helfen dem »Kultursuchenden«, einen jeweils individuellen Weg durch den Kulturdschungel zu finden. Leser honorieren Niveau und lesen nach Autorennamen.

Genau dieses Plus (um fast beim Beilagentitel zu bleiben) soll nun bald der Leserschaft vorenthalten werden?

Vielleicht jedoch ist dies eine Chance für die Konkurrenz? Und damit doch noch eine für das Publikum?

Mathias Bäumel