Dresden: Die Waldschlösschenbrücke. (Foto: M. B.)
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Donnerstag, 1. März 2012

»Das Turiner Pferd«: Film des Visionärs Béla Tarr wird im Dresdner Kino in der Fabrik gezeigt


Man kann nicht sagen, dass die Filme von Béla Tarr Kult sind. Dafür sind sie zu wenig bekannt. Aber sie gehören zum Besten, was die Filmgeschichte seit Anbeginn bis heute zu bieten hat.

Der amerikanische Filmemacher Gus van Sant (»My private Idaho«, »Good Will Hunting«) sagte zu dem in Pécs geborenen Ungarn: »Béla Tarr ist einer der wenigen wirklich visionären Filmemacher.« Tarrs Filme kämen dem tatsächlichen Rhythmen des Lebens so nahe, dass Van Sant das Sehen der Filme mit dem Sehen der Geburt eines »neuen Kinos« assoziierte. Großes internationales Aufsehen erregte Tarrs Verfilmung von Krasznahorkais Roman »Satanstango«, ein 415-minütiger Schwarzweißfilm, an dem Tarr rund sieben Jahre lang arbeitete. Dieser Film ist eine äußerst wortgetreue Adaption von László Krasznahorkais gleichnamigem Roman. Tarr betonte stets, dass der Film genau die gleiche Zeitspanne dauert, die man benötige, um den Roman zu lesen, siebeneinhalb Stunden. »Satanstango« hatte seine Premiere im »Forum« der Berlinale 1994 und wird seitdem von vielen Kritikern und Filmemachern in Europa und Amerika zu den wichtigsten Filmen der neunziger Jahre gerechnet.

Tarrs bis heute wohl beeindruckendster Film ist sicher »Werckmeisters Harmonien« nach dem Roman »Melancholie des Widerstands« (ebenfalls von Krasznahorkai). Der Film zeigt Vorgänge in einem abgeschiedenen ungarischen Dorf, in dem unheilvolle Ereignisse geschehen.

Der nun laufende Streifen »A Torinói ló« (The Turin Horse), dessen Weltpremiere im Wettbewerbsprogramm der Internationalen Filmfestspiele 2011 in Berlin erfolgte und dem Regisseur den Großen Preis der Jury einbrachte, soll angeblich Tarrs letztes Werk sein. Zumindest hatte dies der Meister selbst bereits 2009 angekündigt.

Worum geht es?

Am 3. Januar 1889 tritt in Turin Friedrich Nietzsche durch die Tür des Hauses Via Carlo Alberto 6. Nicht allzu weit weg von ihm hat der Kutscher einer Pferdedroschke Ärger mit einem widerspenstigen Pferd. Trotz aller Ermahnungen weigert sich das Pferd, sich in Bewegung zu setzen, woraufhin der Kutscher die Geduld verliert und zur Peitsche greift. Nietzsche nähert sich dem entstehenden Gedränge und setzt dem brutalen Verhalten des Kutschers ein Ende, indem er schluchzend seine Arme um den Hals des Pferdes legt. Der Vermieter bringt den Philosophen anschließend nach Hause, und zwei Tage lang liegt er bewegungslos und stumm auf dem Sofa, ehe er berühmte letzte Worte spricht und noch weitere zehn Lebensjahre stumm und umnachtet unter der Obhut von Mutter und Schwestern verbringt.

Dieser Film jedoch folgt der Frage, was mit dem Pferd geschehen ist. Béla Tarr erzählt die fiktive Geschichte des Kutschers, seiner Tochter und ihres Pferdes. Der Kutscher ist ein Landwirt, der sich mit dem Pferdefuhrwerk über Wasser hält. Die Tochter führt den Haushalt. Das Leben ist hart und karg, das Pferd alt und krank. Es kann die harte Arbeit nicht länger erledigen, auch wenn es die Befehle noch so gern befolgen möchte. Es will nur noch in Ruhe sterben.
Gedreht hat der ungarische Regisseur in seiner unverwechselbaren Handschrift: mit langen Kameraeinstellungen, in Schwarzweiß und unter weitgehendem Verzicht auf Dialoge.

M B.

Ab 15. März 2012 im »Kino in der Fabrik«, Tharandter Straße 33, 01159 Dresden


Verleih, Filmbeschreibung und Foto: Basis-Film Verleih

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