Dresden: Die Waldschlösschenbrücke. (Foto: M. B.)
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Dienstag, 8. Juli 2014

Verkehrspolitik in Dresden – Kommentar zum Kommentar in der Sächsischen Zeitung

Aus dem Urlaub zurückgekehrt, sichte ich die Zeitungen der vergangenen Wochen. – Und stutze. Was schreibt da Tobias Winzer in seinem verkehrspolitischen Kommentar der Sächsischen Zeitung vom 10. Juni 2014? »Die Stadt befindet sich beim Thema Parken in einem Teufelskreis. Schafft sie in einem Gebiet neue Parkplätze, wird es für Auswärtige insgesamt attraktiver, dorthin mit dem Auto zu fahren. Sie schafft also mit dem Angebot eine erhöhte Nachfrage. Die neu geschaffenen Parkplätze sind im Nu wieder belegt, und das Spiel beginnt von vorn.« – Mein Gott, was für eine verdrehte Überlegung! Am besten, wir machen Dresden so unattraktiv und verkehrsstrukturell schlecht ausgestattet wie möglich, dann kommen Auswärtige gar nicht erst auf die Idee, unsere Stadt zu besuchen, und erst recht nicht mit ihren Autos. Wir würden nicht nur viele Kraftfahrzeuge von uns fernhalten, sondern auch die ziemlich hohen Kosten für den Strukturausbau anderer Verkehrsmittel sparen. Ein städtisches Idyll wäre die Folge – so zumindest kann man Herrn Winzer verstehen.

Und der scheint Gedanken argumentativ so zu (ver)drehen, wie er es gerade braucht. Eine Reihe von grünlichen Journalisten und Politikern hatte vor nicht allzu langer Zeit kritisiert, dass über die Waldschlösschenbrücke seit Monaten weniger Autos rollen als einst prognostiziert. Ergo: Das Attraktivermachen des Verkehrs durch die Brücke hat – eine wohl einvernehmliche Feststellung – keineswegs zusätzlichen Autoverkehr generiert. Die ideologisch verquaste Denkweise vom verbesserten Angebot, das ein erhöhtes Verkehrsaufkommen induziere, wird immer dann bemüht, wenn sie in den Kram zu passen scheint. Wenn nicht, wird sie schnell »vergessen«. Wie auch hier von Tobias Winzer.

Nach einem Verbalausflug Richtung Los Angeles fährt Winzer fort: »Das, was wir Dresdner an unserer Stadt schätzen, nämlich die engen Neustadt-Gassen und die Fußgängerzonen in der Altstadt, gibt es in so einer autogerechten Stadt (wie Los Angeles, M. B.) nicht.« – Wie verräterisch! Winzers Stadt-Ideal »riecht« sehr nach Puppenstuben-Touristen-Romantik – die Stadt als museales, Spitzweg-Flair vermittelndes Objekt, das von schlendernden, konsumfreudigen Touristen durchströmt und von Müßiggängern zur spirituellen Erbauung genossen wird.

Nein – ich zumindest verlange von einer Stadt mehr und anderes! Dazu gehört auch, dass die Stadt nicht nur fußgänger-, fahrrad- und ÖPNV-, sondern auch autofreundlich ist!

Abgesehen davon: Wo sind denn die »engen« Neustadt-Gassen und die Fußgängerzonen in der Altstadt, die ein angenehmes Flair verbreiten würden? Die besagten engen Gassen sind in Wirklichkeit ein paar mit Hundekot vollgeschissene Straßen, auf denen Kampfradfahrer ihre das Selbstwertempfinden erhöhenden Gefechte gegen Fußgänger und Autofahrer führen. Und was soll an den tagsüber mit Touri-Kolonnen, Strömen von Konsumbesessenen und ein paar Dealern bevölkerten Fußgängerzonen bewahrenswert sein? Die sie umgebenden Großgebäude, überwiegend beton- und glasgewordene Verkörperungen architektonischen Niederganges, sicher nicht – sogar die umstrittene Waldschlösschenbrücke ist dagegen ein Lichtblick.

Klar, Winzer hat einen Kommentar – und damit erlaubt subjektiv – geschrieben. Ein Freibrief zur Verbreitung von Dummheiten ist ein Kommentar jedoch deswegen nicht.

M. B.

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