Dresden: Die Waldschlösschenbrücke. (Foto: M. B.)
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Freitag, 27. November 2009

Kleine Klubs, große Karrieren - Was vor den großen Dresdner Konzerten der Stars passierte

(Rebekka Bakken. Foto: Bremme+Hohensee)

Wohl Anfang 1994 gaben die damals noch nicht sehr bekannten Fantastischen Vier im Dresdner Starclub (heute „Beatpol“) ein bejubeltes Konzert, und Starclubchef „Lotte“ Lachotta machte im Vorfeld auch unter Journalisten Werbung. Es sei das Beste, was der deutsche Hip Hop zu bieten habe, die Jungs würden noch ganz groß werden und man würde ein wichtiges Konzert verpassen, wenn man es verpassen würde. Lachottas Prophezeiung traf ein.

Ebenfalls im Starclub gab Mitte November 1996 Moby ein Konzert – um einiges früher als sein internationaler Durchbruch als Star 1999. Wieder hatte der Starclub ein feines Gespür für künstlerischen Wert und Potenzial; Moby gehört heute längst zu den ganz Großen der Popmusik.

Wenn Dresdner Medien heutzutage den Sänger Roger Cicero feiern, sei daran erinnert, dass der junge Mann sein erstes Konzert hier in der Region Anfang März 2006 in der „Tonne“ gegeben hatte.

Auch der im Juni 2008 tödlich verunglückte weltberühmte Pianist Esbjörn Svensson („e.s.t.“) musizierte schon vor vielen Jahren in der „Tonne“ – übrigens mit Nils Landgren und lange bevor er von der Dresdner Hochkultur für große Bühnen „entdeckt“ wurde.

Auch mit dem Konzert des Saxofonisten Rudresh Mahanthappa Ende März 2009 hatte die „Tonne“ ein gutes Händchen, wurde doch der Indoamerikaner wenige Wochen später von den weltweit einflussreichsten Jazzjournalisten in die allervordersten Poll-Plätze der Welt gewählt.

Der norwegische Pianist Helge Lien, im September 2008 in der „Tonne“ frenetisch gefeiert, könnte ein ähnlicher Fall werden; seit dem Herbst 2008 steigen Bekanntheitsgrad in internationalen Medien und die CD-Verkäufe gravierend.

Nun ist also die grandiose norwegische Sängerin Rebekka Bakken auf Tournee – am 27. November 2009 wurde sie deutschlandweit als Star im ARD-Morgenmagazin präsentiert; am 29. November 2009 singt sie im Dresdner Alten Schlachthof. Dem Dresdner Publikum erstmals vorgestellt wurde sie jedoch im Jazzclub Neue Tonne – schon vor knapp sieben Jahren am 22. Februar 2003, die Tickets damals für ungefähr ein Drittel des heutigen Preises.

Mit Recht also haben Beatpol und die „Tonne“ beim jeweiligen Publikum den Ruf, eine Art Trüffelschwein zu sein. Wer diese Klubs besucht, darf immer wieder musikalische Schätze erwarten, an deren Auffindung und Bergung diese kleinen Einrichtungen große Verdienste haben, während später dann große Veranstalter mit diesen Künstlern große Verdienste erzielen können.

Klubs wie der Beatpol und die „Tonne“ – und deutschlandweit gibt es eine ganze Reihe dieser Art, so dass sich diese Aussage verallgemeinern lässt – leben eben auch davon, dass sie entdeckerisch und riskant arbeiten.

Und sie spüren ständig die Folgen ihres Handelns. Sie können die schnell steigenden Gagen ihrer „Entdeckungen“ nicht mehr bezahlen – die öffentlichen Meriten erhalten nicht selten andere. Was solchen kleinen Klubs bleibt, ist die Zufriedenheit darüber, vielversprechenden Künstlern zu einem Schritt in die Welt der Karrieren verholfen zu haben. Immer wieder, ein normaler Vorgang.

Ein Vorgang, der darauf verweist, dass man Veranstaltungen nach mindestens zwei Kriterien beurteilen sollte. Einerseits nach der künstlerischen Leistung der Darbieter, andererseits nach den Leistungen der Veranstalter – es ist keine Kunst, mit viel Geld Gutes auf die Bühne zu stellen. Und mit viel Geld das Übliche auf die Bühne zu stellen, ist sogar kritikwürdig. Aber mit wenig Geld das Besondere präsentieren – das hält das Kulturleben in Schwung!

Mathias Bäumel

Montag, 26. Oktober 2009

Ein neues Corporate Design der Semperoper sollte angemessen und gut durchdacht sein

Man mag ob der neuen Logos und Corporate Designs von Schauspielhaus und Musikfestspielen geteilter Meinung sein. Im ersteren Fall löst das aktuelle uninspirierte, eigentlich unbenutzbare und in einigen Punkten geradezu nachlässige Design ein ähnlich müdes (die zwei Pfeile) ab. Aber auch die ältere Internetseite des Schauspielhauses war grässlich, und in ihrer Kundenfeindlichkeit eigentlich nicht zu entschuldigen. Im zweiten Fall wurde das schon etwas verstaubte Siebziger-Jahre-Logo der Festspiele durch ein frisches (huiii) abgelöst (mein Kompliment dafür, auch wenn es nicht jedem gefällt); schade nur, dass hier gleichzeitig mit verschiedenen Schriften Schlimmes angestellt wurde und die aktuellen Trendfarben zwischen Brombeer und Bordeaux-Lila zum x-ten Mal bemüht wurden. (Mathias Bäumel hatte übrigens am 9. September 2008 eine kurze Kritik des damals neuen Musikfestspiel-Designs als Zwischenruf hier auf „Musik in Dresden“ veröffentlicht.)

Glaubt man jedoch ersten Schreckensmeldungen, so droht in zwei Jahren mit Amtsantritt der neuen Intendantin der Semperoper, Ulrike Hessler, dem Corporate Design des Hauses geradezu Fürchterliches. Dem durch rechtzeitiges Sensibilisieren vorzubeugen, versucht dieser Text.

Das aktuelle Design der Semperoper und der angrenzenden Marken (Staatskapelle, Ballett) ist Ergebnis einer Reihe von vorsichtigen bis wagemutigen, aber immer klugen Veränderungen, ja, Verbesserungen. Mit dem leisen „Claim“ der Staatskapelle (ohne geht's heutzutage leider nicht mehr) „Glanz und Klang seit 1548“ an der Seite ist auch die Semperoper selbst zur wiedererkennbaren Marke geworden. Nobel, edel, vornehm, zurückhaltend, festlich, etwas besonderes, „der Klang von altem Gold“ (Karajan!) - solche Vokabeln entern gemessenen Schrittes die Hirnbahnen, liest man sich durch das nach anfänglichen Ausfällen wirklich gut gemachte „semper!“-Magazin, blättert im alljährlich wunderbar sensibel erneuerten Jahresheft der Oper oder streicht über die (ja!) wertigen Jahreshefte der Kapelle. Neidlos erkennen da Dresdner Designer und Layouter an, was für exzellente Arbeit die Agentur von Jacqueline und Dominik Schech hier leistet. Und, ja, es gab und gibt auch bei aktuellen Merchandising-Ideen der Oper immer wieder Ausfälle (was soll uns etwa eine Semperoper-Schirmmütze?), aber der Gesamteindruck stimmt, wozu auch die ästhetisch stets hochklassigen, wiedererkennbaren Fotos von Matthias Creutziger wesentlich beitragen. Herrlich zum Beispiel das Oper-Jahresheft 2008, mit den großformatigen „Verführungen““ – ein Traum, und bis ins kleinste Detail passend zu Stil und Gangart des Hauses.

Nun hat Mathias Bäumel kürzlich polemisch kritisiert, dass jeder neue, auf Zeit eingesetzte Intendant eines Hauses zuerst mit eisernem Besen alle bisherigen Außenwirkungen des Hauses wegkratzt und ein eigenes Design, eine eigene „Handschrift“ mitbringt. Ich würde anfügen: Schade ist es da in vielen Fällen um das sinnlos herausgepustete Geld. Für die grotesk dümmliche Scholz-und-Friends-Aktion „Studieren in Fern-Ost“, über die sich alle, die damit je in Kontakt kamen, lautstark aufregen (was von den Machern zähneknirschend als Erfolg verkauft wird), zahlte der Auftraggeber sage und schreibe sechs Millionen Euro. Wie vielen Studienanfängern hätte man dafür ein Stipendium zahlen können, wie viele kleine, nette Campus-Cafés mit Gratis-Espresso-Automaten ausstatten können?

Um endlich zum Punkt zu kommen: ich habe schon heute Angst vor dem neuen Design der Semperoper. Jeder große, vermeintlich mutige Schritt weg von der aktuellen Anmutung wird ein Rückschritt sein und muss den Rezipienten zwangsläufig enttäuschen, wenn nicht aufregen. Neue „Claims“, von Werbeagentur-„Hirnis“ für teures Geld in Nachtsitzungen ausgeschwitzt, werden über uns hereinbrechen – und nicht annähernd das wiedergeben können, was die Semperoper und die ihr innewohnende Staatskapelle längst ist: allgemein im Bewusstsein verankertes Hochkulturgut. Nehmen wir nur die aktuellen Programmhefte: handtaschenschmeichelndes Format, gut zu lesen, alle Infos drin, dezente Farb- und Fotoauswahl, gute Gliederung, lesbare Texte, wiedererkennbares Cover, das Spiel- und Freiräume lässt für die Wiedererkennbarkeit von Reihen ("Lied in der Semperoper") und Themen.

Bitte, bitte, Frau Intendantin in spe: bitte lassen Sie den eisernen Besen im Wandschrank. Bitte zerstören Sie nicht das langsam, aber stetig gewachsene Vertauens- ja: Sympathieverhältnis der Dresdner und der auswärtigen Besucher zum Mythos Semperoper. Lassen Sie sich nicht zu modischen Peinlichkeiten, zu allzu pompösen neuen Claims, gar zu einer „frischen, neuen Lesart“ hinreißen. Stecken Sie das viele Geld lieber erst einmal in eine Renovierung der Toiletten des hinteren Gebäudekomplexes. Statten Sie den Chorprobensaal mit passendem Gestühl und die Garderoben mit vielen netten Garderobieren aus. Kümmern Sie sich bitte um eine zeitgemäßere Präsentation der Preziosen, der Andenken, der historischen Vitrinen, um eine passende Hängung der temporären Ausstellungen wie der stets etwas schief hängenden Ölgemälde in den Foyers. Stoßen Sie meinetwegen auch mal ein paar verstaubte Statuen von ihren Sockeln im Parterre und sorgen Sie ruhig dafür, dass man in den Bars und im Theatercafé kaltes Bier und guten Kaffee bekommt.
Aber bitte: Gehen Sie die sicherlich anstehende Überarbeitung des öffentlichen Auftritts des Hauses, des Logos, der Schriften, der Internetseite mit Köpfchen und dem nötigen Quentchen Ur-Dresdner Ruhe an. Alles andere wird Ihren eigenen wie den Ruf des gesamten Hauses unnötig und nachhaltig schädigen.

Martin Morgenstern


„Wir sind Papst“ – diese Schlagzeile der Bild-Zeitung vom 20. April 2005 schuf unter den Lesern des Massenblattes ein Gemeinschaftsgefühl und Stolz auf eine Leistung, die die Bürger selbst gar nicht vollbracht hatten. Das Spiel mit der Sehnsucht nach dem Dazugehören hilft eben, Zeitungen zu verkaufen.

Der an massenhaft gebräuchliche Formulierungen wie „Wir sind Weltmeister!“ angelehnte Satz wurde vielfach sinngemäß „nachgenutzt“ und wurde zum Symbol für flapsiges, Inhalte verkürzt wiedergebendes Formulieren, um den einfachen Mann auf der Straße zu erreichen. In Rahmen der österreichischen EU-Präsidentschaft 2006 titelten einige österreichische Medien „Wir sind Präsident!“, nach Nobelpreisen für deutsche Forscher hieß es „Wir sind Nobelpreis“ und nach den Gewinnen des Oscars für den besten fremdsprachigen Film an einen Deutschen (2007) und an einen Österreicher (2008) hieß es jedes Mal „Wir sind Oscar!“.

Wenn die Dresdner Philharmonie einen Grammy gewonnen hätte und Dresdner Medien würden dann „Wir sind Grammy!“ titeln, zeugte das - nach so vielen Malen der Be- bzw. Abnutzung - zwar von Einfallslosigkeit, entspräche aber wenigstens der Logik der Originalformulierung.
Würde aber der Dresdner Zoo mit der Formulierung „Wir sind Zoo!“ und einem Foto werben, auf dem alle Tierpfleger und Tiere stolz in die Kamera blicken, wäre das bloß noch peinlich.


M. B.

Freitag, 16. Oktober 2009

Doppelstreifen für das Staatsschauspiel - deftige Kritik kommt auch aus Leipzig

Der weiter unten stehende Text zum neuen Corporate Design des Staatsschauspiels Dresden findet erneut Zuspruch:

Für mich ist unbegreiflich, dass heute sogar Institutionen, die mit Bildern, mit Farben und Licht inszenieren, also selbst als darstellende Kunst die visuelle Kommunikation betreiben, scheinbar jeglichen Sachverstand eingebüßt haben, sobald ihnen wortreich eine „neue“, angeblich werbende Gestaltung unterbreitet wird.
Dem „Konsumenten" derartiger Hervorbringungen werden unzumutbare Belastungen beim Entschlüsseln solcher Art visueller Botschaften zugemutet, die zwar dem Fachmann, nicht aber den frech-frischen, „hippen“ Stylisten die Haare zu Berge stehen lassen. Ich leg sie einfach beiseite, diese Zettel, oder klicke weg. Das kann ja wohl der Sinn nicht sein! – Wo kommt sie eigentlich her, die Lust am Zerstören bewährter Strukturen und Grundlagen?

PS.: Besonders „gelungen“ die Seite im Internet, auf der die Darsteller vorgestellt werden. Die meisten balancieren ein gelbes Brett auf dem Kopf. („Mir hatten halt eben kein andres Foto, dafür aber genügend gelbe Balken“...).

(Jochen Fiedler, Grafikdesigner, Leipzig)

Mittwoch, 14. Oktober 2009

Doppelstreifen für das Staatsschauspiel Dresden - eine Augenkrebsgarantie für alle

Der weiter unten stehende Text zum neuen Corporate Design des Staatsschauspiels Dresden findet weiterhin Beifall:

Als ich Anfang des Jahres das Heft „Spielzeit 2009/2010“ mit den neuen Darstellern in Händen hielt, hatte ich mir noch nicht viel dabei gedacht. An einigen Stellen zwar etwas eigentümlich, aber das hielt sich in Grenzen. Diesen Monat ist mir dann allerdings der Oktoberspielplan in Papierform zwischen die Finger gekommen und ich vermute, die Fassungslosigkeit stand mir deutlich ins Gesicht geschrieben. Die Frage, ob es so etwas wie Körperverletzung für Papier gibt, drängte sich auf.

Sogar mit einer gut gemeinten, großen Portion „künstlerischer Freiheit“ kann man diese unübersichtliche und abschreckende Darbietung nicht entschuldigen. Man möchte meinen, Schrift, Farbe und Raumaufteilung hassen sich gegenseitig. Der Vogel wird dann nochmal mit dem Internetauftritt abgeschossen, wo dem Betrachter mit grell-gelb auf weiß die Augen verblitzt werden.

Eine Augenkrebsgarantie für alle, die einen Blick drauf werfen! Man wird nur trotz und nicht wegen dieses Auftrittes ins Theater gehen - vorausgesetzt, man konnte sich vorher dazu zwingen, herauszufinden, wann welches Stück aufgeführt wird.

Ihre Kritik ist jedenfalls sehr treffend, besonders der Vergleich mit den Streifen auf den letzten Metern eines Kassenzettels gefällt mir gut. Irgendwie hofft man ja, dass die Rolle doch noch ausgetauscht wird.

(Cornelia R. – voller Name der Redaktion bekannt –, Systemberaterin)

Montag, 12. Oktober 2009

Der Grafiker Jürgen Haufe hätte am 15. Oktober 2009 seinen 60. Geburtstag gefeiert


Jürgen Haufe 1998. (Foto: M. B.)

Am 15. Oktober 2009 wäre der Dresdner Künstler Jürgen Haufe sechzig Jahre alt geworden. Haufe war einer der künstlerisch potentesten und kreativsten Grafiker, Grafikdesigner und Plakatgestalter der DDR, später Deutschlands und weit darüber hinaus.
International waren Haufes Plakat-Arbeiten geschätzt und wurden in den Grafik-Metropolen dieser Welt gezeigt, so in Warschau, Brünn, Ljubljana, Berlin, Toyama, Ogaki, Tokio, Osaka (alle Japan), Lahti und Helsinki (Finnland). Plakate von ihm befinden sich in Sammlungen und Galerien in Berlin, Essen, Lahti, Toyama, Warschau, Zürich, Hamburg, Brünn, Cottbus und natürlich auch in den Staatlichen Kunstsammlungen in Dresden.

In Dresden jedoch ist Jürgen Haufe ganz besonders für seine Plakate und grafischen Ausstattungen inklusive der Programmheft-Gestaltungen für Premieren im Staatsschauspiel Dresden und in der Staatsoperette Dresden, für die Filmnächte am Elbufer und für den Dresdner Striezelmarkt bekannt geworden, aber auch für seine freien Grafiken, Collagen und Malerei, Performance-Dokumentationen und Fotografien.

Nach dem Tode Jürgen Haufes am 12. September 1999 schrieb Heike Müller-Merten im „SCHAUSPIEL“ Nr.2,1999/2000 über Jürgen Haufe und die Arbeitsgruppe Theaterplakat:
„Eine Vereinigung von Künstlern solchen Formats, die ob ihrer selbstlosen Zielsetzung und ansteckenden Neugier auf das andere Medium Theater inspirierend wirkte, sucht heute ihresgleichen und war wohl nur in einer bestimmten zeitlichen und personellen Konstellation möglich... Haufe hatte das Problembewusstsein, die verschwenderische Phantasie und den Ehrgeiz eines Künstlers – ohne je den partnerschaftlichen Blick für sein Gegenüber, seinen Nebenmann zu verlieren. Weil er andere Künste und Künstler akzeptierte und liebte, gelangen ihm seine wunderbaren Plakate. Er entwarf bissig-komische oder sachliche Programmhefttitel. Wie viel Mühe im Detail, wie viel Spaß bei der gemeinsamen Ideensuche, den frechen Collagen, den assoziativen Blättern. Stets zollte er den Regisseuren, ihren künstlerischen Überzeugungen Respekt. Eine jahrelange Frucht bringende Zusammenarbeit.“

Sehr viele seiner Werke zeigen, dass er sich dem freien, zeitgenössischen Jazz besonders verbunden fühlte. Zum damaligen Jazzclub Tonne Dresden hatte Jürgen Haufe ein besonderes Verhältnis: Viele seiner Werke fußten auf Skizzen, die er – meist in der ersten Reihe sitzend – zu Konzerten in der „Tonne“ angefertigt hatte. Die auch vom heutigen Verein Jazzclub Neue Tonne Dresden verwendete Wort-Bildmarke mit der Trompete stammt von Jürgen Haufe und wurde von ihm im Laufe der Zeit mehrmals gestalterisch überarbeitet.
Ebenfalls von diesem Künstler stammten viele Plakate des damaligen „Tonne“-Vereins, vor allem für das damalige Festival der „Tonne“, für den „Dresdner Jazzherbst“.

Jürgen Haufe starb wenige Tage vor seinem 50. Geburtstag, am 12. September 1999.


Jürgen Haufe gestaltete das Cover für die Joe-Sachse-CD „Ballade für Jimi Metag“ (1999, Born&Bellmann).

Donnerstag, 10. September 2009

Doppelstreifen für das Staatsschauspiel Dresden - Kritik und Lob für die Kritik

Der unten stehende Text zum Thema „Doppelstreifen für das Staatsschauspiel Dresden“ hat Zuspruch und Widerspruch erfahren. Hier eine kleine Übersicht:

„Ich habe selten so passende Kommentare gefunden. Weiter so!“ (Ulli Stier, Architekt)

„Gut, dass Du diesen unsäglichen Unsinn festhieltest.“ (Matthias Creutziger, Musik- und Theaterfotograf)

„Feiner Text!“ (Jens-Uwe Sommerschuh, Kulturjournalist)

„Danke für Ihre treffsichere Kritik.“ (Jochen Stankowski, Grafikdesigner, Typograf, „Zeichensteller“)

„Bedauerlich, dass sich immer wieder auch das durchsetzt, was sichtbar nicht genügend durchdacht ist...“ (Bernd Hanke, Grafikdesigner und Logo-Gestalter)

Weitere Meinungen zum Thema sind natürlich willkommen - bitte an die e-Mail-Adresse im Impressum.

Donnerstag, 3. September 2009

Doppelstreifen für das Staatsschauspiel Dresden - geht die Rolle ihrem Ende entgegen?


Aufatmen in Dresden. Zumindest im Theater-Dresden. Die Ära Holk Freytag ist Vergangenheit. Dabei waren vor Jahren meine Erwartungen beim Beginn der Ära Freytag hoch, hatte der auch in Moers Aufgewachsene schließlich mit seinen Neigungen zum zeitgenössischen Jazz einen Sinn für weite Horizonte bewiesen.

Mit dem Ende von Freytag haben hoffentlich Langeweile und oberflächliche Unterhaltsamkeit auf der Dresdner Bühne sowie die Konzeptionslosigkeit in Sachen Kleines Haus (bisher eher ein Gemischtwarenladen) ein Ende.
Angesichts des aktuellen Spielplanes unter dem neuen Intendanten Wilfried Schulz keimt eben wieder Hoffnung auf - meine Absicht, das Theateranrecht zu kündigen, habe ich deshalb doch nicht realisiert.

Sorge macht mir aber nun auch beim Dresdner Staatsschauspiel eine üble Gepflogenheit, die sich anscheinend - ich erinnere an das unsägliche aktuelle visuelle Erscheinungsbild der Musikfestspiele - zur Tendenz auswächst: Intendanten betrachten offenbar „ihre“ Einrichtung, die sie ja zeitlich begrenzt künstlerisch leiten sollen, als ihr persönliches Eigentum und lassen jeweils für ihre Herrschaftszeit ein von Grund auf neues Corporate Design mit neuem Logo, neuen Hausfarben und neuen Hausschriften entwickeln. Und dies dann - was soll's, es ist ja nicht das eigene Geld - grottenschlecht.

Grottenschlecht - warum? Das neue CD des Staatsschauspiels Dresden funktioniert nicht: Weiß auf hellgelb sowie Schrift mit kleinem Durchschuss machen die Inhalte schlecht lesbar. Sobald es sonnig ist, sind die Gestaltungselemente auf dem Abspanner am Großen Haus nur schwer von einander unterscheidbar. Die gelb-weiß hinterlegten Schriftfelder im Internet wirken wie ein Fleckenteppich, gemeinsam ergeben sie manchmal - zum Beispiel im Pressebereich - das Aussehen eines Kreuzes. Unruhe, nochmal Hinschauen - was meinen die eigentlich?

Dazu kommt: Grelle, leuchtende Farben sind wahrnehmungspsychologisch die Farben der Verlierer, derjenigen, die mit „schreienden“ Mitteln unbedingt auf sich aufmerksam machen wollen oder gar müssen. Dass zudem Gelb in Dresden seit Jahrzehnten eine Verbindung zur SG Dynamo Dresden oder wenigstens zu den Verkehrsbetrieben assoziiert, sollte jedem hier Tätigen klar sein. Warum also diese unbedachte, für Irritationen sorgende und schlecht funktionierende visuelle Gestaltung des neuen „Gesichts“ des Staatsschauspiels?

Doch das Lustigste kommt noch: Haben Sie schon einmal an einer Kasse gestanden und und von der Quittungsrolle einen der letzten Abschnitte bekommen, einen, der durch einen farbigen Doppelstreifen gekennzeichnet ist? Die Kassiererin weiß in einem solchen Fall, dass die Rolle dem Ende entgegen geht und dass sie eine neue einlegen muss...

Mein Gott, wofür manche Kommunikationsdesigner ihr Geld bekommen... Von wem sie es bekommen, ist klar.

Mathias Bäumel

Dienstag, 1. September 2009

Dresdner Postplatz - eine architektonische Grausamkeit, die kaum jemanden stört

„Säulen, Bögen, Galerien; Schönheit und Geselligkeit, der Sinn für eine Gemeinschaft, für ein Land. Der Platz ist es, der eine Stadt ausmacht, egal, ob groß oder klein; das äußere Bild zählt mehr als die Museen, selbst wenn sie voller Meisterwerke sind.“
(Claudio Magris: „Ein Nilpferd in Lund - Reisebilder“, Hanser München 2009)



Das ist der Postplatz in Dresden - diese Grässlichkeit, die jedes stadtplanerische Ideal beleidigt, führte zwar zu Protest-Leserbriefen, aber nicht zu Proteststürmen. Dresden ist eben anders... - Übrigens: Auf das jeweilige Foto klicken - es erscheint dann groß!


Eine kluge Aussage von Sabine Friedel - wenngleich auch bloß im Wahlkampf...


Viel gescholten, bei genauerer Betrachtung aber zum Teil zu Unrecht: Die einen Theatervorhang symbolisierende Wasserinstallation auf dem Postplatz von Erwin Stache. Das Problem ist nicht die Installation an sich (wenn sie mal funktioniert), sondern die elende heutige Gesamtkonzeptionn des Postplatzes, die durch die Installation nur noch deutlicher wird. Insofern hat Staches Werk eher den Charakter des Überbringers einer schlechten Botschaft, es ist weniger das Schlechte selbst. - Dass sachsentümelnde Möchtegern-Intellektuelle pseudo-gewitzt gegen Staches Installation anstatt gegen das dreist-dümmliche Denken der Dresdner Kulturhüter vorgehen, bezeugt umso mehr: Dresden ist eine biedere Stadt der und des Rückwärtsgewandten...


Blick vom Postplatz: Sooo fühlen sich die Dresdner wohl...


Postplatz: Dresden grüßt seine Gäste... - Noch Fragen?


Blick vom Postplatz: Sister sucht Mister - willkommen in der Gegenwart! (alle Fotos M. B.)

Dienstag, 25. August 2009

Unser schönes altes königliches Dresden

Wie anspruchslos ist Dresden? Die Stadt legt Wert auf sich. Jeder Brückenbogen, jeder Häusergiebel und jedes Törchen - die gesamte Architektur der eitlen Kleinmetropole wird daraufhin überprüft, ob auch wirklich alles so aussieht, wie es einer einstigen kurfürstlichen und gar königlichen Residenzstadt geziemt. Maßstab für Dresden ist die Vergangenheit.

Neue Bauprojekte werden nach ideologischen Maßstäben beurteilt, verhindert - oder auch realisiert. Bauen in Dresden heute bedeutet meist Langeweile oder gar Hässlichkeit. Nur im Falle der Waldschlösschenbrücke gab es wegen der angeblich misslungenen Brücken-Ästhetik nenneswerte öffentliche Proteste, während ansonsten die zahlreichen architektonischen Missetaten von der Öffentlichkeit gleichgültig oder gar willig akzeptiert werden - ein paar empörte Leserbriefe ausgenommen. Dabei gehört die Form der Waldschlösschenbrücke, zwar entfernt an eine Eisenbahnbrücke erinnernd, noch zu den gelungeneren Gestaltungen in Dresdens heutigem Architekturprofil - die Postplatzlösung, das Wöhrl-Kaufhaus und die das Rundkino einmauernden, ja: einsargenden Gebäude auf der Prager Straße sind architektonische Grausamkeiten weit größeren Ausmaßes. Wirklich Kühnes und Modernes hat dagegen in Dresden nur selten eine Chance. Dresden legt also keinen Wert auf sich.

Während die wieder aufgebauten Semperoper, Schloss und Frauenkirche zu Recht als Glanzpunkte des Stadtensembles gelten, geht es den nicht ganz so prestigeträchtigen historischen Bauten längst an den Kragen, vieles an kulturgeschichtlich wichtiger Bausubstanz verfällt weiter oder wieder... Dresden legt auch diesbezüglich keinen Wert auf sich.


Eine architektonische Beliebigkeit: Blick in die heutige Ausformung der Prager Straße.


Prager Straße Dresden - verwechselbar!


Deutschland, Deutschland überall...


Das sogenannte Blaue Haus - das etwa 1960 errichtete erste "Hochhaus" Dresdens - beherbergte einst das Institut für Arbeitsökonomik, nach der Wende zeitweise das Arbeitsamt. Es steht unter Denkmalschutz und seit einiger Zeit zum Verkauf.


Unmittelbar vor dem Blauen Haus (Hintergrund) steht auf der Tiergartenstraße die vor sich hindämmernde Villa Salzburg, einst eine der prunkvollsten und architekturgeschichtlich interessantesten Villen Dresdens. Bis 2005 hatte sich um den Erhalt und die Geschichte der Villa das in dieser Villa ansässige ehemalige Weiterbildungszentrum für Denkmalpflege und Altbauinstandsetzung e.V. (WBZ) gekümmert. Nachdem der Freistaat Sachsen seine Prioritäten für die Aus- und Weiterbildung in Denkmalpflege und Altbauinstandsetzung 2005 zugunsten einer Einrichtung und eines Masterstudienganges in Görlitz geändert hatte, musste das WBZ seine Tätigkeit beenden und aus der Villa ausziehen, seither steht die Villa Salzburg zum Verkauf, ihr Erhalt wird immer schwieriger. - Auch eine Art des Umgangs mit wertvoller historischer Bausubstanz im heutigen Dresden...


Ob die Sachsenkrieger Dresden helfen können?


Das war mal das beliebte Tanz-Etablissement und Ausflugslokal Donaths Neue Welt in Dresden-Laubegast, bekannt wurde es u.a. durch seine große Alpenkulisse mit Alpenglühn und Alpengewitter. ... Überstanden hat das historische Gebäude den Zweiten Weltkrieg und die DDR (seit 1956 war es Lagerhaus, nach der Wende blieb es ungenutzt und verfiel zusehens). Es ist von der Flut 2002 verschont geblieben. Seit 2003: Verfall und Zerstörung. Am 20. August 2004 wurde das Fachwerkgebäude durch Brandstiftung fast vollständig vernichtet. Das Ende einer Epoche...


Das frühere Kaufhaus Bergmannstraße - eine Ruine im Schatten der Gegenwart...


Mein Dresden - eben eine Stadt wie jede andere...


Unser schönes Stadtzentrum... (Alle Fotos: M. B.)

Dynamo als weltweiten Dresden-Botschafter, nicht aber als Stiefkind sehen

Sommer 2009. Im bulgarischen Weliko Tarnowo versuche ich dem Besitzer der kleinen Pension zu erklären, woher ich komme: „Dresden.“ – „Ah – Dynamo Dresden!“, war die strahlende Antwort. Ähnliches lief einige Tage später im albanischen Shëngjin ab – „Oh, Dynamo Dresden!“ rief der junge Mann spontan aus, als ich seine Frage nach meiner Heimatstadt beantwortete.

Dresden ist eine kleine Stadt, aber auch München ist in Amerika, Südafrika oder Asien nicht wegen der Pinakotheken und der Oper bekannt, sondern wegen des Hofbräuhauses und Bayern München.

Wenn man es in Sachsens Kleinresidenz ernst meint mit einem zukunftsorientierten Dresdner Selbstverständnis und einem schlüssigen Marketingkonzept, sollte man Dynamo Dresden nicht wie ein ungeliebtes Stiefkind behandeln, dem man unwillig und unter Drohungen aus der Patsche hilft. Man sollte den Verein ernst nehmen, positiv sehen, dessen Arbeit wohlwollend aktiv mitgestalten und unterstützen sowie dessen Potenzial als weltweiten Dresden-Botschafter erkennen und nutzen. Was sich stadtseitig rund um die Stadionfrage abgespielt hat, ist eine Schande für die Politiker der Landeshauptstadt.

Sogar das noch kleinere Halle an der Saale zeigt, was Standard auch in Dresden sein sollte: Dort wird das neue Stadion im wesentlichen durch die Stadt und das Land Sachsen-Anhalt finanziert, die mit ihrem Fußballverein Hallescher FC als einem Botschafter der Region, der der Club erst noch richtig werden soll, an einem Strang ziehen.

M. B.